200 km – ist doch total einfach!

Die überhebliche Überschrift kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es doch wohl ein paar Jährchen harter Arbeit (besonders in der Landekneipe) bedarf, um dann auch mal in die Verlegenheit zu kommen, solche Weiten zu schaffen. Nach einem nasskalten Sommer wurde es Anfang August doch noch was mit heiss und trocken und Ostwind. Ausserdem war die angekündigte Schwaben-Invasion (Rädelsführer Hartmut Marx) auf dem Platz, und Markus Hanisch und ich hatten diese Woche eh’ freigehalten, weil wir ursprünglich zum Um-die-Wette-Fliegen nach Zell am See fahren wollten (wiedermal musste Dietrich für uns die Berliner Fahne hochhalten, was ihm auch gut gelang).

Tagebau bei Helmstedt



Am Donnerstag, den 5.08.04 (nach Christus) startete Markus zu einem weiteren „mal-sehen-wie-weit-ich-heute-komme“-Flug, wie wir es ja nun seit einigen Jahren praktizieren. Ich hatte ihn allerdings auch durch ein 111KM-FAI-Dreieck am Vortag provoziert (motiviert natürlich), so dass er sich nicht lumpen liess und dann auch bis Lübbrechtzen hinter Hildesheim segelte (233KM). Das ist mit Abstand der weiteste Drachenflug, den ein DCB’ler von AL gemacht hat, wenn, ja wenn man Andreas Beckers Flug vor ein paar Jahren nicht dazurechnet, der mit einem Drachen über 240KM von AL geflogen ist (Andreas war ja damals noch nicht Mitglied 😉 und auch nicht die Starrflügler, die auch mal gerne so weit fliegen.
Robert Kosi ist mit dem Gleitschirm bis hinter Magdeburg geflogen, und ich schaffte es diesmal auch, den Rückholer zu machen, so dass wir so um 1:30h wieder in AL waren (das ist schnell für so eine lange Strecke). Am Folgetag war ich wieder dran, und angestachelt durch Markus’ Rekord startete ich bei grenzwertigem Wind (es war deutlich mehr als am Vortag) zu einem Flug, der sich durchgehend in niederen Regionen abspielte und eine Art verblasener Absauf-nein-doch-nicht-Flug wurde und nach 121KM sein Ende fand – ich hatte den Tag nicht ernst genommen und irgendwann auch keinen Bock mehr auf das ruppige Rumgeschubse. Danke an Volkmar fürs Rückholen, ich stand gleich an der AB-Ausfahrt und er war auch bald da, super!

FP Zerbst



Die Folgetage waren genauso verblasen, aber für Hartmut’s Crew wars trotzdem gut, weil die geduldigen Schwaben dann so ab 19:30h doch noch schleppen konnten, und in ruhigen Bedingungen konnte jeder an die 1.000m am Seil hochfahren, sie fanden’s alle super. Die letzte Chance für einen guten Flug deutete sich in der Prognose schon an für den folgenden Dienstag, 10.8., und so machten wir uns denn ein weiteres Mal auf den Weg nach AL, um es noch ein letztes Mal (heute ist der Hammertag, etc.) zu probieren. Martin Collischon hatte es irgendwie auch geschafft, rauszukommen, und er war einer der ersten, die vom Platz losflogen. Einige andere Frühstarter hatten Pech und versenkten sich ziemlich bald hinter dem Platz. Ich flog mit Markus los, aber unser Laminar-ST-Team verstreute sich schon recht bald, da ich etwas ungeduldig war und Gas geben wollte (ich wollte ja Markus’ Rekord brechen).

Seen östlich von Schönebeck



Am Ende vom Tag hatte es Martin geschafft, 207KM mit seinem Gleiti (Aeron) zu fliegen und dann auch noch logistisch genial am ICE zu landen, er war um 21:00h wieder am Bhf. Zoo. Markus flog 191KM nach Salzgitter und ich hatte es wirklich auch geschafft, 203KM bis hinter Braunschweig zu gelangen. Zwei der Früh­versenker hängten sich so gegen 3 Uhr nochmal ans Seil und flogen auch noch einen Hunderter nach Hause, Bernd Winopal und Rudolf Eifler. Robert Kosi und Andreas Fuchs kamen sehr schnell vorbei, vielen Dank, und wir fuhren dann über Saarmund nach Berlin zurück. Die vier Drachen-Jungs, die hinter Magdeburg gelandet waren, hatten Pech mit ihrem angekündigten und dann-doch-nicht-Rückholer, so dass sie nach Wolfgang Nissers Gnaden-Rückhol-Tour von Berlin aus irgendwann nachts (oder wars schon wieder morgen?) in AL waren, sie nahmen’s aber mit Humor.

Schönebeck, Blick nach O



Moral: Martin hat nach hartem Training in Siegritz (Schleppgelände in Franken) bei uns mal kurz so richtig die (Gleit-)Sau rausgelassen, und wir fragen uns alle, was hat er, was wir nicht haben? Jaja, alles Glück 😉 Markus hat gezeigt, dass der Weg zur Porta Westfalica frei ist (er landete vor dem Ith, also den ersten Ausläufern der Berge, die zur Porta führen). Ich hab nach einem 100er Dreieck auch den 200er geschafft, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass ich einen neuen Drachen habe, der doch deutlich besser ist als der alte mit Turm. Die NW-Ecke von Magdeburg hat laut Andreas Becker Löss-Boden (M-burger Börde), so dass man dort mit schöner Regelmässigkeit landen gehen muss (hier enden alle Ortsnamen auf –leben, vielleicht umbennen in –lehm oder –landen?)

Magedeburg, Blick nach N. FP ist in der Mitte/links



Die simpelste Lehre ist die altbekannte, dass es nur ein paar wenige Tage im Jahr gibt, an denen solche Flüge möglich sind. Diese schon ein, zwei Tage vorher zu erkennen, dann auch noch Zeit zu haben, und auch noch früh auf dem Platz zu sein, das ist schon fast eine grössere Kunst, als dann tatsächlich den Flug zu machen.

Alles legal. Über dem FP Braunschweig. Erlaubt sind 700m, ich hatte 1.300+ 🙂



Die Drachen werden immer besser (dies Jahr 350KM im süddt. Flachland), die Gleitis werden immer besser (dies Jahr 320KM in den Alpen), also traut euch was, es könnte womöglich hinhauen.
Viel Spass bei miles&more, Georg